Eine Theater-Collage mit Dokumenten von Verfolgten
„GLEIS 69 – Erinnern an eine deutsche Familie“ ist der Titel für eine Ende Januar 2019 in Berlin geplante generationsübergreifende Performance, bei der in einer Theater-Collage an das Schicksal einzelner Deportierter öffentlich erinnert werden soll. Briefe und Erinnerungsstücke von fünf Familien bilden dafür die Grundlage.
Von der Projektidee gestaltete sich, in einem langen Planungsvorlauf und in Gesprächen mit den Partnern, ein Konzept, das im Juni 2018 als förderungswürdig von der Stiftung "Erinnerung, Verantwortung und Zukunft" und dem "Berliner Projektfonds für Kulturelle Bildung" angesehen wurde. Das Künstlerteam und Freunde des Vereins Tanz Theater Dialoge e.V. konnten mit den Partnern die Umsetzung planen.
Der 2017 eingeweihte Gedenkort des Güterbahnhofs Moabit „ am Gleis 69“, liegt direkt gegenüber der Theodor-Heuss-Gemeinschaftsschule. Schon seit vier Jahren existiert an der Schule die Schülerarbeitsgemeinschaft "Erinnern". Projekttage im Haus der Wannsee-Konferenz und im Lernort 7xjung gehören zur Tradition der Schule, genauso wie Gedenkveranstaltungen zum 9. November..
Was lag näher, als diese Schule als Kooperationspartner für eine generationsübergreifende Performance zur öffentlichen Erinnerung an die Deportierten zu gewinnen! Nach Zustimmung von zwei sehr engagierten Lehrkräften, Sabeth Schmidthals und Nicolj Armgardt, und der Schulleitung Frau Dierker, begann für das Team von Tanz Theater Dialoge unter künstlerischer Leitung von Elisabeth Kahn/David Sutherland die Arbeit: Während der Schulferien wurden Struktur und Inhalte zunächst grob skizziert, bevor das Team am Anfang des Schuljahres begann, mit der Schülergruppe des Kurses Politik, Medien und Darstellendes Spiel des 10. Jahrgangs einmal wöchentlich unterschiedliche künstlerische Workshops durchzuführen sowie einzelne historische Themen zu erarbeiten. Anknüpfend an biografische Texte ist der aktuelle Bezug ein Projektschwerpunkt, dem Raum gegeben wird, um den Fragen nachzugehen, was dieses Thema mit den Jugendlichen heute zu tun hat.
Zur inhaltlichen Vorbereitung gehören zeitgenössische Aspekte wie die im Grundgesetz verankerten Grundrechte und ein historischer Überblick zur Lebenssituation von Juden in Preußen bis 1870, ihrer bürgerlichen Gleichstellung ab 1871, bevor das Thema Verfolgung, Emigration und Deportation der antisemitisch verfolgten Deutschen behandelt wird. Die begleitenden Lehrer*innen nutzen ihre Unterrichtsstunden, um bereits vorhandenes Hintergrundwissen der Schüler*innen zu vertiefen, das ihnen den Zugang zu den Briefen der Personen und deren Lebensgeschichten, die dem Projekt zu Grunde liegen, ermöglicht.
Immer verbunden mit den inhaltlichen Aspekten des Projekts entwickelten die Jugendlichen in Übungen z.B. ihre Bühnenpräsenz und Stimme weiter, erstellten musikalische Eigenkompositionen und machten fotografische Exkursionen zum Gedenkort des Güterbahnhof Moabits, um Impressionen für eine Ausstellung zum Projekt zu sammeln.
In Zusammenarbeit mit Kunstlehrer*innen, der Bühnenbildnerin Vanessa Gärtner und der Objektbauerin und Kostümbildnerin Frauke Bischinger, setzen die Jugendlichen des Projektes ihre Ideen für ein Bühnenbild um und werden dabei zusätzlich von Schüler*innen des 10. und 11. Jahrgangs unterstützt.
Eine intensivere Phase begann nach den Weihnachtsferien: Über die wöchentlichen Kursstunden hinaus wird es zwei Probenwochen geben, bevor das Projekt am 31. Januar 2019 im Zentrum für Kunst und Urbanistik (ZK/U), seinen Abschluss finden wird.
Im Rahmen des internationalen Holocaust Gedenktages am 27.1.2019 gestalten die Projektbeteiligten am historischen Gedenkort „am Gleis69“ eine Lesung, um an die Befreiung des Konzentrationslagers in Ausschwitz zu erinnern.